Aus der Lindauer Zeitung vom 16.01.2006

“Es gibt ein Leben vor dem Tod”

Freitag, der 13. hat den Mitgliedern und Freunden der Lindauer Narrenzunft Glück gebracht: Mit dem traditionellen Häsabstauben ist die unnärrische Zeit im Städtle endlich vorbei. Die Narren riefen die Lindauer auf, ausgelassen zu sein und bei der Fasnacht mitzumachen. Die treuesten Freunde der Narretei ließen sich von den grimmigen Temperaturen nicht abschrecken und begleiteten die Maskenträger auf ihrem Weg vom Maxhof zum Marktplatz und Alten Markt sowei weiter zum Alten Rathaus und Schrannenplatz. Oberbürgermeisterin Petra Seidl war auch diesmal wieder mit sichtlicher Freude dabei und hakte sich bei den Narren unter.
Zunftbüttel Rudolf Mäder hatte beim Häsabstauben traditionell seinen großen Auftritt. An allen Stationen verkündete der den Ausbrauch der Fasnacht. Masken und Narrenhäs könnten nun abgestaubt und wieder angezogen werden, gab er bekannt. Der Alltaqsgrimm sollte daheim gelassen werden. Statt dessen sollle man närrisch fröhlich sein und dabei aber auch die gute Kinderstube nicht vergessen. Die Menschen sollten daran denken, “dass es auch einem Leben vor dem Tod gibt”. Mit dem Wunsch nach einer glückseligen Fasnacht schloss jeweils seine Bekanntmachung.

Narren werden wieder lebendig

Narrenvater Herbert Baldauf erweckte an den einzelnen Orten mit einem Prolog von Lindaus Heimachtdichter und Ehrenbürger Martin Thomann die einzelnen Narrengruppen zu neuem Leben. Die Königlich-Priviligierten Schützen, der Fanfarenzug der Narrenzunft und die Narrenkapelle MV Reutin taten ein Übriges dazu, dass Narrenstimmung aufkam. Rätschengeklapper, HopplaHo-Rufe, Lindauer Narrenmarsch, Binsengeistermelodie, Pflasterbuzentrommeln sowie die Klänge des Moschtkopfliedes und des Kornköfflerjucks, das alles zusammen in bengalischer Beleuchtung verfehlte nicht seine fasnächtliche Wirkung.
Wohl nicht nur mancher der zufällig vorbeikam, fragte sich, was denn das Ganze soll. Nach dem Mittagsläuten am 6. Januar, so die Erklärung, beginnt in vielen Narrenorten am Dreikönigstag selbst oder in den folgenden Tagen die Fasnacht mit den verschiedensten Bräuchen. Die einen lassen die Karbatschen schnellen, andere stauben ihre Kleidle ab, manche verkündigen ihr Jahresprogramm oder halten die erste Narrensitzung.
Ab Dreiköndig schaut der Narr nicht nur nach seinem Gewand, sondern auch nach seinen anderen Narrenutensilien wie Schellen, Streckschere, Narrenwurst, Karbatsche, Hexenbesen oder Schirm. Für viele wird es an der Zeit , Saublodera (Schweinsblasen) zu bestellen, die sich an Stecken befestigen, um damit die Zuschauen zu necken. Nach diesem Fasnachtsanfang am Erscheinungsfest oder den folgenden Tagen wird es in den darauf folgenden Wochen nochmals still im schwäbisch-alemannsichen Narrenland, zu dem auch Lindau zählt. Fast den ganzen Januar hindurch sind die Straßen der Narrenorte ohne Mummerei. Diese fröhlich fasnächtliche, aber noch nicht wirbelnd-närrische Zeit benützen die Narrenzünfte, um auch in anderen Städten ihre örtliche Fasnachtsgestalten und ihre Narrenbräuche zu zeigen und mit auswärtigen Narrenfreunden zusammenzukommen.
Mit der Übergabe der bayerischen Brotzeit an die Narren-Brunnenwächterin Lollo Kipp durch Zunftmeister Udo Falge und dessen Wunsch für eine glückselige Fasnacht schloss die Brauchtumsveranstaltung.